In Krefeld haben sich zwei neue Erwartungshaltungen gegenüber türkischstämmigen Bürgerinnen und Bürgern gebildet: Das Verlangen einer Distanzierung zu nicht-lokalen Geschehnissen und die Bekenntniserneuerung zur freiheitlich-demokratischer Grundordnung. Diese Entwicklung wird in der türkischen Community mit großer Besorgnis beobachtet.

Es ist nicht erklärungswürdig, sondern selbstverständlich, dass türkischstämmige Bürgerinnen und Bürger, die mittlerweile in der vierten Generation in Krefeld leben, jede Art von Ungerechtigkeit, jeden Missstand und jede Rechtswidrigkeit missbilligen. Ebenso ist ihre Loyalität zu den Grundpfeilern der deutschen Gesellschaft unumstritten.

Die Kritik an aktuellen politischen Entwicklungen kann verständlich und begründet sein. Es wird jedoch mit Bedauern beobachtet, dass sogar Lokalpolitiker sich dem Distanzierungswahn und Bekenntniszwang angeschlossen haben.

Diese Erwartungshaltung vergiftet das harmonische Zusammenleben in Krefeld. Es ist destruktiv für den Gemeinschaftsgeist unserer Stadt.

Warum?

Diese Erwartungshaltung schafft eine neue Bitterkeit und dies nicht nur, weil sie eine Haltung oder Meinung unterstellt und unbeteiligte Personen zur Rechenschaft zieht, die bestimmte Geschehnisse nicht zu verantworten haben, sondern weil sie weitere Gesprächsmotivation dezimiert und einen Rückzug aus der gesellschaftlichen Mitte begünstigt.

Dieses Auftreten festigt ein Diskurs des Misstrauens, in der sich türkischstämmige Bürgerinnen und Bürger bevormundet, diffamiert und ausgegrenzt fühlen.

Schafft eine derartige Erwartungshaltung Solidarität oder festigt es das Misstrauen in Krefeld?

Die Antwort ist klar: Es festigt das Misstrauen! Deshalb ist Mäßigung und Besonnenheit notwendig.

Krefeld, den 05.08.2016

Oğuz Ertuğrul
Pressesprecher der
UNION der Türkischen und Islamischen Vereine in Krefeld und Umgebung e. V.