Interview zum Terror in Istanbul.

„Wir müssen als Gesellschaft zusammenhalten“

Gespräch mit Mesut Akdeniz, Vorsitzender der Union der Türkischen und Islamischen Vereine, zum Terror in Istanbul.

Wie haben Sie von den Anschlägen in Istanbul erfahren?

Mesut Akdeniz: Ich las von den Anschlägen auf Twitter und Facebook. Es hat mich aufs tiefste schockiert. Ich war bestürzt. Das war ein feiger und hinterhältiger Anschlag.

Was lösen solche Nachrichten, von denen die Türkei und Deutschland gleichermaßen betroffen sind, bei Ihnen aus?

Akdeniz: Trauer, Wut und Entsetzen. Denn erneut wurden unschuldige Menschen in den Tod gerissen. Dass es in Istanbul passiert ist und dass deutsche Touristen unter den Opfern waren, hat mich umso betroffener gemacht. Ich spreche der Türkei und den Opfern mein tief empfundenes Beileid aus. Den Verletzten wünsche ich eine baldige und vollständige Genesung. Meine Gedanken und Gebete sind bei allen Opfern und ihren Angehörigen.

Wie schätzen Sie die Anschläge im Hinblick auf die Täterschaft ein?

Akdeniz: Dieser feige Akt verdeutlicht noch einmal, dass Terror weder nach Religion noch nach Herkunft unterscheidet. Terror richtet sich gegen das Leben. Die Täter machen durch die Wahl des Anschlagsortes deutlich, worauf es ihnen ankommt. Sie wollen verhindern, dass Menschen unterschiedlichen Glaubens und unterschiedlicher Herkunft sich besser kennenlernen, friedlich miteinander leben und aufeinander zugehen. Es war ein Angriff, der uns alle zum Ziel hatte.

Wie sind die Reaktionen in Ihrem Umfeld, in Ihrem Verein?

Akdeniz: Es war für uns alle ein Schock. Doch wir sind entschlossen, mehr denn je, unseren Beitrag zu leisten, um die Harmonie und das Zusammenleben in Krefeld positiv zu gestalten. Wir sind entschieden, mehr denn je, die Samen des Friedens, der Freundschaft und der Toleranz zu säen. Die Union ist hier bereits in vielen Bereichen aktiv und unsere Moscheegemeinden und Vereine möchten dieses Engagement entschlossen weiterführen.

Wie bewerten Sie die Entwicklungen in der Türkei, machen Sie sich Sorgen um Ihr Heimatland?

Akdeniz: Nein, ich bin sehr zuversichtlich. Die Bevölkerung der Türkei hat bereits in ihrer Geschichte viele schwierige Zeiten mit Bravour gemeistert. Die türkische Bevölkerung hat bewiesen, dass sie sich von Mord und Gewalt nicht einschüchtern lassen. Die Türkei ist ein starkes Land, sie schafft das!

Was können Sie hier tun, um ein friedvolleres Miteinander zu ermöglichen?

Akdeniz: Wir müssen als Gesellschaft zusammenhalten und uns gegenseitig stärken. Wir müssen uns vergegenwärtigen, wie wichtig es ist, stetig und nachdrücklich für ein tolerantes und friedvolles Miteinander einzutreten. Niemand darf wegen seines Glaubens oder seiner Herkunft ausgegrenzt, diskriminiert oder angegriffen werden. Dafür setze ich mich weiter mit ganzer Kraft ein.

Was könnte jeder einzelne tun?

Akdeniz: Jeder kann seinen Beitrag leisten, Hass und Intoleranz zu ächten. Wenn wir weiter unser Leben leben, Reisen machen und die Welt erkunden, dann wird der Terror sein eigentliches Ziel nicht erreichen. Jeder einzelne ist gefragt und sollte noch mehr für andere einstehen – unabhängig von Herkunft und Glauben.“

 

Ein Artikel der Westdeutschen Zeitung vom 14. Januar 2016,
Link: http://www.wz.de/lokales/krefeld/wir-muessen-als-gesellschaft-zusammenhalten-1.2099782